«Wenn das Angebot zu gut erscheint, sollten die Alarmglocken läuten»

Betrugsfälle im Bereich der digitalen Zahlungsmittel häufen sich, wobei die Betrugsversuche immer ausgeklügelter werden. Im Interview spricht Patrick Gasser von der Kriminalpolizei Nidwalden über die Tricks und Maschen, die Betrügerinnen und Betrüger anwenden und zeigt auf, wie man sich mit einfachen Tricks vor potenziellen Betrugsversuchen schützen kann.

Patrick Gasser-Kapo NW

Patrick Gasser, Kriminalpolizei Nidwalden.

 

Die Nidwaldner Kantonalbank (NKB) erhält vermehrt Meldungen über versuchte Betrugsfälle im Bereich des digitalen Zahlungsverkehrs. Stellt auch die Kantonspolizei eine solche Tendenz fest?
Ja das ist so, wir stellen in den letzten Jahren eine starke Zunahme an Betrugsfällen im digitalen Zahlungsverkehr fest. Es melden sich über das ganze Jahr gesehen immer wieder Personen bei uns, welche Opfer eines Cyberbetrugs wurden. Daneben gibt es aber auch eine Dunkelziffer, wenn Geschädigte keine Meldung beziehungsweise Anzeige bei der Polizei aufgeben. Oftmals handelt es sich bei solchen Betrugsfällen auch um kleinere Beträge, weshalb Geschädigte auf eine Meldung bei der Polizei verzichten.

Welche Arten von Betrugsfällen im digitalen Zahlungsverkehr gibt es?
Es gibt eine Vielzahl von Betrugsarten und es kommen immer wieder neue Maschen hinzu. Eines der häufigsten Phänomene ist, dass ein Produkt über eine Verkaufsplattform bestellt und im Voraus bezahlt wird, die Ware dann aber nicht geliefert wird. Ebenso wird häufig versucht, an Zugangsdaten von E-Banking-Konten oder an Kreditkarteninformationen zu gelangen. Dieses Phänomen wird Phishing genannt.

Was genau bedeutet Phishing?
Beim Phishing versuchen Betrügerinnen und Betrüger anhand gefälschter E-Mails und Webseiten an Passwörter und andere vertrauliche Informationen zu gelangen, um sich einen finanziellen Vorteil zu verschaffen. Im Visier der Kriminellen stehen meist Anmeldeinformationen für Online-Dienstleister wie Finanzinstitute, Online-Auktionshäuser oder Online-Shops. Auch Kurznachrichtendienste wie SMS, MMS oder WhatsApp werden immer öfter für Phishing-Angriffe eingesetzt.

Wie gehen Betrügerinnen und Betrüger dabei vor?
Sie versuchen in erster Linie, die Aufmerksamkeit auf deren Angebot zu ziehen. Dies trifft auf Kaufinserate sowie auch Geldanlagen zu. Je nach Betrugsart wird versucht ein Vertrauens- oder Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Opfer und der Täterschaft herzustellen. So werden etwa auch Notsituationen vorgespielt, wobei die Opfer in Dringlichkeit gedrängt werden. Sie haben keine Zeit, dies zu hinterfragen, wodurch auch keine Zweifel aufkommen. Zudem werben Betrügerinnen und Betrüger immer häufiger für angeblich vielversprechende Anlageformen auf ihren Handelsplattformen. Doch wer darauf eingeht und investiert, kann nur verlieren. Bei solchen Angeboten handelt es sich um Online-Anlagebetrug. In der Regel werden mehrmals höhere Geldbeträge durch die Geschädigten einbezahlt. Wenn Betroffene dann merken, dass es sich um Betrug handelt, ist es schon zu spät. Oftmals beträgt die Deliktsumme mehrere zehn- oder hunderttausend Franken.

Was sind die aktuellen Trends im Cyberbetrug?
Ein Trend auf ein gewisses Phänomen können wir nicht feststellen. Beim Telefonbetrug (Enkeltrick, Tochter/Sohn-Trick, Schockanruf, Falscher Polizist) kommt es jeweils an ein paar aufeinanderfolgenden Tagen zu einer Welle mit mehreren Fällen und Versuchen in einer Region, die dann wieder abflacht. Dies kommt in unregelmässigen zeitlichen Abständen vor. Betrügerische SMS oder Chat-Nachrichten werden überall und immer wieder gestreut. Der Versand dieser Nachrichten ist oft nicht gezielt an Personen- oder Altersgruppen gerichtet. Wenn lediglich ein kleiner Teil dieser gesendeten Nachrichten die Täterschaft zum Erfolg bringt, ergibt dies zusammen bereits eine beträchtliche Summe der Deliktsbeträge.

Wie kann man einen potenziellen Betrugsfall erkennen?
Wenn das Angebot zu gut erscheint um wahr zu sein, sollten die Alarmglocken läuten. Dies gilt sowohl bei kleineren Geldbeträgen sowie auch grösseren Investitionen. In diesen Fällen ist es ratsam, das Angebot und den Anbieter genauer unter die Lupe zu nehmen. Wichtig ist es auch immer das Angebot und die Zahlungsmodalitäten zu hinterfragen. Ist dieses Angebot realistisch? Kann ich auch eine andere Zahlungsart wählen? Und natürlich sind Rückfragen bei der Bank des Vertrauens sicherlich von Vorteil.

Wie kann man sich gegen diese Art von Betrug schützen?
Wichtig ist es allgemein, dass man nicht in Panik gerät und unüberlegt handelt, wenn man Anrufe, SMS oder Chat-Nachrichten erhält. Mein Tipp: Lesen Sie die Nachricht in Ruhe durch oder überlegen Sie sich bei einem Anruf, ob dies überhaupt möglich sein kann. Kontaktieren Sie Angehörige, welche angeblich involviert sein sollen oder melden Sie sich bei der Polizei – die Kantonspolizei Nidwalden steht Ihnen diesbezüglich auch jederzeit für Fragen zur Verfügung. Wichtig ist, dass Sie nicht zurückrufen oder in einer Nachricht via Link eine Telefonnummer aufrufen, da diese in der Regel auf die Betrügerinnen und Betrüger umgeleitet wird.

Und weiter?
Wenn man aufgefordert wird, die persönlichen Karten- oder Bankinformationen preiszugeben, sollte man misstrauisch werden. Online-Einkäufe sollten nur bei vertrauenswürdigen Firmen und Shops getätigt werden. Es ist auch ratsam, teurere Produkte direkt bei der anbietenden Person abzuholen und vor Ort zu bezahlen. Eine Internetrecherche über die Firma oder die anbietende Person kann ebenfalls schon Hinweise generieren. Und auch Online-Bewertungen über die Seriosität können einen Nutzen bieten.

Was soll man tun, wenn man Opfer eines Betrugsfalls wurde?
Wenn der Betrug nach der Transaktion bemerkt wurde oder bei der Karte oder im E-Banking Account verdächtige Transaktionen stattgefunden haben, sollten die Karte oder der Zugang umgehend gesperrt werden. Diesbezüglich sind der Kartenherausgeber oder die Bank zu kontaktieren. Danach sollte man den Betrug bei der Polizei anzeigen. Dadurch werden der Polizei allfällige neue Betrugsmaschen bekannt und Ermittlungen zur Täterschaft können aufgenommen werden. Wenn Geschädigte sich bei der Polizei melden, ist es hilfreich, wenn die entsprechenden Unterlagen zur Zahlung, dem Zahlungsmittel, allfällige Web-Adressen und weitere vorhandene Beweismittel zum Fall mitgebracht werden.

 

Diese Tricks wenden Betrügerinnen und Betrüger an

  • Ködern mit besonders verlockenden Angeboten – die grosse Liebe, das schnelle Geld oder der Traumjob.
  • Versand von SMS/Chat-Nachrichten oder E-Mails mit der Aufforderung, einem Link zu folgen und dort beispielsweise Kreditkartendaten anzugeben.
  • Verunsichern der Opfer und Versuche, diese zu überzeugen.
  • Verleiten der Opfer zu unüberlegten Handlungen durch Ausüben von Druck und zeitlicher Dringlichkeit.
     

So schützen Sie sich im digitalen Zahlungsverkehr

  • Augenmerk auf untypische Absenderadressen, Schreibfehler und Logos legen.
  • Verdächtige E-Mails nicht beantworten, sondern sofort löschen.
  • Nicht auf Links klicken und keine Anhänge öffnen.
  • Nur vertrauenswürdige Websites besuchen (https).
  • Allgemeine Geschäftsbedingungen des Händlers prüfen.
  • Zwei-Faktor-Authentifizierung einsetzen.
  • Immer 3-D Secure für Zahlungen benutzen.
  • Zahlungsaufforderungen kontrollieren und mit dem Zahlungsempfänger abgleichen.
  • Immer daran denken: Finanzinstitute informieren nie via E-Mail über ungewöhnliche Kontobewegungen.
     

Anlass Betrugsprävention: Informationen und Anmeldung